Für viele Frauen ist die Nachricht von einer Schwangerschaft ein wahrer Freudentaumel, der jedoch schnell auf die körperlichen Folgen der hormonellen Umstellung trifft. Eines der häufigsten Symptome in den ersten Wochen ist eine allumfassende Müdigkeit. Es kann vorkommen, dass eine Frau, die zuvor problemlos einen vollen Terminplan bewältigt hat, plötzlich schon um 19 Uhr einschläft und morgens trotzdem noch müde ist. Das ist kein Faulheit, sondern eine natürliche Reaktion des Körpers auf die vielen Veränderungen, die gerade beginnen. Der erhöhte Hormonspiegel wirkt beruhigend, fast einschläfernd, während der Körper gleichzeitig intensiv daran arbeitet, die Plazenta aufzubauen und die Entwicklung des Embryos zu unterstützen. Dieser Zustand kann die gesamten ersten 12 Wochen andauern, wobei die Intensität individuell verschieden ist und auch etwas länger anhalten kann.
Das zweite Trimester – eine Verschnaufpause? Viele Frauen fühlen sich etwa ab der 14. Schwangerschaftswoche besser. Übelkeit nimmt ab, die Müdigkeit lässt nach und die Energie kehrt langsam zurück. Dies wird oft als „goldenes Trimester“ bezeichnet. Der Körper passt sich den Veränderungen an, und ein stabilerer Hormonspiegel bringt Erleichterung. Jetzt ist eine gute Zeit für körperliche Aktivität, die an die Möglichkeiten der werdenden Mutter angepasst ist. Studien zeigen, dass nicht nur leichte Aktivitäten wie Spaziergänge, Yoga oder Schwimmen von Vorteil sind, sondern auch Joggen oder Krafttraining – vorausgesetzt, sie werden entsprechend dem eigenen Wohlbefinden angepasst. Nach der 20. Schwangerschaftswoche sollten einige Trainingsformen eventuell modifiziert werden, um Verletzungen vorzubeugen. Es ist jedoch wichtig, zu bedenken, dass Müdigkeit weiterhin auftreten kann, besonders nach einem anstrengenden oder stressigen Tag. Die Signale des Körpers sollten ernst genommen werden. Ein Nickerchen am Tag ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine echte Bedürfnisreaktion des Körpers.
Das dritte Trimester – wenn der Körper auf Hochtouren arbeitet In den letzten Schwangerschaftswochen kehrt die Müdigkeit meist zurück, oft sogar stärker als zu Beginn. Das wachsende Baby, der Druck auf die inneren Organe, Atemnot und häufigere Toilettengänge können den Nachtschlaf erheblich stören. Tagsüber fühlen sich viele werdende Mütter energielos, haben Konzentrationsschwierigkeiten und sind schläfrig. Zusätzlich kann der steigende Cortisolspiegel, der den Körper auf die Geburt vorbereitet, den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflussen. In dieser Zeit ist es besonders wichtig, auf Regeneration zu achten – etwa durch kurze Entspannungsmomente, Atemtechniken oder Gespräche mit vertrauten Personen. Eine feste Tagesstruktur und ein abendliches Ritual zur Beruhigung können ebenfalls helfen, die natürliche Melatoninproduktion zu unterstützen.
Wann sollte Müdigkeit Anlass zur Sorge geben? Obwohl Müdigkeit in der Schwangerschaft meist normal ist, sollte man aufmerksam werden, wenn sie mit starker Atemnot, blasser Haut, Schwindel oder Herzrasen einhergeht. Dies können Anzeichen für eine Schwangerschaftsanämie, Eisenmangel oder eine Schilddrüsenunterfunktion sein – Zustände, die diagnostisch abgeklärt werden müssen. Auch eine Lungenembolie kann sich so äußern und erfordert umgehende medizinische Hilfe. Wenn das Müdigkeitsgefühl den ganzen Tag anhält, selbst nach ausreichendem Schlaf, sollte dies der betreuenden Ärztin oder dem Arzt mitgeteilt werden. Ein einfaches Blutbild oder eine TSH-Bestimmung können zur Ursachenfindung beitragen. In der Schwangerschaft sind gesunder Schlaf und Regeneration genauso wichtig wie Ernährung und Supplementierung. Die Signale des Körpers zu ignorieren, führt nicht weiter. Achtsamkeit und Balance sind der Schlüssel.
Müdigkeit ist ein häufiger und vollkommen natürlicher Begleiter der Schwangerschaft, besonders in den ersten und letzten Wochen. Der Körper einer Frau leistet Großartiges, dessen Ergebnisse erst nach der Geburt sichtbar werden. Deshalb ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören, sich Ruhe zu gönnen und kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man sich erneut nur nach einem Nickerchen sehnt. Denk daran: Schwangerschaft ist die Zeit, in der Selbstfürsorge zugleich Fürsorge für euch beide ist.
*Quellen: Berufsverband der Frauenärzte SAPP (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Perinatale Pharmakologie) (2015): Müdigkeit, Erschöpfung und Schlafprobleme in der Schwangerschaft.*