Auch wenn das Stillen die natürlichste Art scheint, ein Neugeborenes zu ernähren, fällt es nicht immer leicht. So wie du die Erstausstattung für dein Baby vorbereitest oder Geburtspositionen übst, lohnt es sich auch, sich rechtzeitig auf das Stillen vorzubereiten. Zu verstehen, was mit deinem Körper passiert, welche Gefühle dich begleiten können und wie du für dein körperliches und seelisches Wohlbefinden sorgst, hilft dir, diesen wichtigen Abschnitt der Mutterschaft gelassen zu beginnen.
Schon in der Schwangerschaft kannst du Veränderungen an deinen Brüsten bemerken. Sie werden voller, empfindlicher, die Brustwarzenhöfe dunkler und größer. Das ist ein natürlicher Prozess und zeigt, dass dein Körper sich auf die Milchproduktion vorbereitet. Bei manchen Frauen tritt schon in dieser Zeit Kolostrum auf – die erste, antikörperreiche Milch. Das ist ein gutes Zeichen, aber keine Voraussetzung dafür, dass die Laktation beginnen kann. Ab der 37. Schwangerschaftswoche kannst du (wenn du möchtest) versuchen, Kolostrum per Hand auszustreichen. Das ist ein Weg, dich mit dem Stillen vertraut zu machen und einen kleinen Vorrat für die ersten Tage nach der Geburt anzulegen – vor allem dann, wenn dein Kind zusätzliche Unterstützung braucht. Achte jedoch darauf, dies behutsam zu tun und nur nach Rücksprache mit deiner Hebamme.
Mentale Vorbereitung – genauso wichtig wie die körperliche Die Angst vor dem Stillen ist häufiger, als man denkt. Manchmal hängt sie mit negativen Erfahrungen beim vorherigen Kind zusammen, manchmal einfach mit Unwissen oder der Sorge, ob man es „schaffen wird“. Wenn du dich unsicher fühlst, sprich mit deiner Hebamme oder besuche schon in der Schwangerschaft eine Stillberatung. Offenes Ansprechen von Schwierigkeiten, Fragen oder Zweifeln bringt oft große Erleichterung.
Wichtig ist auch, dir keinen Druck zu machen. Das Ziel muss nicht sein, ausschließlich sechs Monate lang zu stillen. Du kannst dir kleinere Schritte setzen: zum Beispiel, dein Baby in der ersten Stunde nach der Geburt anzulegen, in den ersten Tagen zu stillen oder dich für eine Mischernährung zu entscheiden. Gute Erfahrungen am Anfang können den Weg für längeres Stillen öffnen – am wichtigsten ist jedoch, dass du dich mit deinen Entscheidungen wohlfühlst. Wenn es nicht dein erstes Kind ist, denke daran: Jede Stillzeit verläuft anders. Das Neugeborene, das du gerade unter deinem Herzen trägst, kann ganz andere Bedürfnisse haben als seine älteren Geschwister. Anstatt zu vergleichen, betrachte diese Zeit als ein neues Kapitel mit neuen Möglichkeiten.
Wenn das Baby da ist – die ersten Tage und Wochen Nach der Geburt ist es wichtig, für ruhigen Haut-zu-Haut-Kontakt zu sorgen. Dein Baby auf deine Brust zu legen, noch bevor es etwas anderes bekommt, hilft, die natürlichen Instinkte zu aktivieren und unterstützt die Laktation. Lass dein Kind die Brust selbst finden und sich anlegen. Das kann zwar einige Minuten dauern, wirkt aber Wunder.
In den ersten Tagen wird dein Neugeborenes sehr häufig trinken – manchmal stündlich. Das ist völlig normal und bedeutet nicht, dass du zu wenig Milch hast. Statt die Anzahl der Stillmahlzeiten zu zählen, konzentriere dich lieber darauf, auch tagsüber zu ruhen. Schlaf, wenn dein Kind schläft – das ist kein Mythos, sondern ein Rat, der wirklich dein seelisches Gleichgewicht retten kann.
Denke auch an dich selbst. Stillende Mütter brauchen Energie. Hab immer etwas zu trinken (Kompot, Kräutertee, Smoothie) und einen gesunden Snack in Reichweite. Du musst nicht sofort in teures Stillzubehör investieren. Oft reicht ein einfaches Kissen und ein bequemes Sofa völlig aus. Erst wenn du merkst, dass du mehr brauchst, kannst du entscheiden, was sich wirklich lohnt.
Kleine Hilfen, großer Komfort Zu Hause können ein paar Kleinigkeiten den Alltag beim Stillen erleichtern. Manche Frauen benutzen Stilleinlagen, die überschüssige Milch zwischen den Mahlzeiten aufsaugen. Andere schätzen eine Lanolin-Salbe, ein natürliches Mittel, das wunde Brustwarzen beruhigt. Es kann auch sinnvoll sein, eine Flasche oder einen Löffel zum Füttern von Kolostrum bereit zu haben, wenn du es vorher ausgestrichen hast – besonders für ergänzendes Füttern im Krankenhaus. Vergiss nicht: Am wichtigsten sind deine eigenen Bedürfnisse. Stillen bedeutet nicht nur, dein Baby zu ernähren, sondern auch Nähe, Bindung und Ruhe zu schenken. Achte darauf, dass diese Zeit für dich so stressfrei wie möglich ist. Sollten Schwierigkeiten auftreten – suche Hilfe. Stillberatungen, Selbsthilfegruppen oder auch ein Gespräch mit einer erfahrenen Freundin können dir Mut machen und dir das Gefühl geben, in deiner neuen Rolle sicherer zu werden.
*Quellen: WHO: Infant and young child feeding – Model Chapter for textbooks for medical students and allied health professionals (World Health Organization, 2009) ACOG: Breastfeeding Your Baby (American College of Obstetricians and Gynecologists, 2021) Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)*
