Die Schwangerschaft ist eine sensible Zeit für Frauen, die mit Gedanken rund um Essstörungen kämpfen. Der wachsende Bauch, die Gewichtszunahme und der veränderte Alltag können für Frauen mit aktuellen oder früheren Essstörungen eine große Herausforderung darstellen.
Das Bewusstsein, dass das Warten auf das Kind mit körperlichen und seelischen Veränderungen einhergeht, kann das Risiko erhöhen, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Es ist jedoch wichtig, mit dem Arzt, der Hebamme oder einer vertrauten Person zu sprechen, wenn die Probleme wieder zunehmen. Wenn du in der Vergangenheit unter einer Essstörung gelitten hast, solltest du deinen Arzt oder deine Hebamme darüber informieren. Auch wenn du denkst, das Thema sei abgeschlossen, kann es in der Schwangerschaft erneut auftreten. Manchmal reicht ein einziges Gespräch, um Abstand zu gewinnen und Ängste zu lindern.
Die Bedeutung medizinischer Unterstützung Schwangere mit Essstörungen gehören zur Hochrisikogruppe und brauchen Unterstützung vom medizinischen Fachpersonal. Betroffene haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, Präeklampsie oder Fehlgeburt. Mit der richtigen Unterstützung lässt sich dieses Risiko deutlich reduzieren oder ganz vermeiden. Von Anfang an sollte ein spezialisiertes Team zur Seite stehen – idealerweise bestehend aus Arzt, Ernährungsberater und Psychologe. Wenn du unter einer Essstörung leidest und schwanger werden möchtest, solltest du frühzeitig mit einem Experten sprechen – denn eine Kombination aus Stress, Kalorienmangel und übermäßiger Bewegung kann durch das Ausbleiben des Eisprungs zu Unfruchtbarkeit führen.
Schwangerschaft als Motivation für Veränderung Bei vielen Frauen bessern sich die Symptome einer Essstörung während der Schwangerschaft. Das wachsende Kind wird zur Motivation, mit schädlichen Verhaltensweisen aufzuhören. Manche schaffen es, sich nicht mehr zu überessen, das Erbrechen zu beenden, mehr zu essen und sich weniger zu bewegen – zum Wohl des Babys. Das heißt jedoch nicht, dass das Problem dauerhaft verschwindet. Viele Frauen erleben einen Rückfall nach der Geburt. Untersuchungen des Karolinska-Instituts zeigen, dass 12,8% der frischgebackenen Mütter von Essstörungen betroffen sind – mehr als jede zehnte – im Vergleich zu 5,3 % der Schwangeren.
Chance auf dauerhafte Veränderung Schwangerschaft und Mutterschaft können auch den Beginn einer langfristigen positiven Veränderung darstellen. Alte Muster werden aufgebrochen, neue gesunde Gewohnheiten etabliert. Ein Körper, der zuvor oft mit Ablehnung betrachtet wurde, bekommt eine neue Bedeutung – als Quelle von Leben und Stärke. Die Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft mit dem Kind kann den nötigen Impuls liefern, sich den Problemen ernsthaft zu stellen. Sprich mit deinem Arzt über deine Gedanken und darüber, welche Art von Unterstützung du brauchst.
Die ersten Wochen als frischgebackene Mutter Für Frauen mit (aktuellen oder früheren) Essstörungen kann die erste Zeit nach der Geburt besonders herausfordernd sein. Wie bereits erwähnt, steigt das Rückfallrisiko nach der Geburt. Auch das Risiko für eine postpartale Depression ist erhöht. Körperbild, Essverhalten und Selbstwahrnehmung stehen im Kontext von Mutterschaft besonders im Fokus – daher sollten sie ernst genommen werden. Essstörungen sind ernsthafte Erkrankungen, die professionelle Hilfe erfordern. Um die richtige Unterstützung zu erhalten, ist es wichtig, offen über Probleme zu sprechen – auch nach der Geburt. Scheue dich nicht, um Hilfe zu bitten – das ist sowohl für dich als auch für dein Kind von großer Bedeutung. Du musst das nicht alleine durchstehen.
Tipps: Wenn du versuchst, schwanger zu werden:
- Halte ein gesundes Körpergewicht.
- Lass dir von einem Ernährungsberater einen gesunden Essensplan erstellen.
- Entwickle ein ausgewogenes Bewegungsverhalten.
- Beginne oder setze die Therapie fort.
Wenn du schwanger bist:
- Informiere deinen Arzt über deine Vorgeschichte mit Essstörungen.
- Achte auf eine gesunde Gewichtszunahme.
- Pflege deinen Körper liebevoll.
- Setze die Therapie fort.
Wenn du gerade entbunden hast:
- Bitte Familie und Freunde um Unterstützung – das Risiko einer postpartalen Depression ist erhöht.
- Setze die Therapie fort.
- Lass dir von einem Ernährungsberater helfen – das Rückfallrisiko ist nach der Geburt erhöht.
Fakten zu den Diagnosen von Essstörungen
Anorexie (Magersucht): Starkes Untergewicht, gestörtes Körperbild, niedriger Selbstwert – oft abhängig vom Körpergewicht und der Körperform. Angst vor Gewichtszunahme führt zu extremer Diät und Hungern. Häufig begleitet von zwanghafter Bewegung.
Bulimie: Kontrollverlust beim Essen, gefolgt von Erbrechen, Abführmitteln, Fasten oder Zwangssport als Kompensation.
Binge-Eating-Störung (Essanfälle): Ähnlich wie Bulimie mit Essanfällen, jedoch ohne kompensatorische Maßnahmen. Gilt als die häufigste Essstörung.
Atypische Essstörungen: Symptome einer Essstörung sind vorhanden, jedoch ohne alle diagnostischen Kriterien zu erfüllen. Atypische Störungen sind nicht harmloser – trotz weitverbreiteten Irrglaubens.
ARFID (Avoidant/Restrictive Food Intake Disorder): Anhaltende Vermeidung oder Einschränkung der Nahrungsaufnahme, führt zu Nährstoffmängeln oder Gewichtsverlust. Anders als bei anderen Essstörungen steht nicht der Wunsch nach Schlankheit im Vordergrund.
*Quellen: Eating Disorder Hope. (2017, July 30). Dealing with Pregnancy and Eating Disorders, What to Expect. Eating Disorders and Pregnancy. (2021, July 16). American Pregnancy Association. Eating disorders in pregnancy. (2018, October 18). Tommy’s. Micali, N. (2008). Eating disorders and pregnancy. Psychiatry, 7(4), 191-193. Pettersson CB, Zandian M, Clinton D. Eating disorder symptoms pre- and postpartum. Arch Womens Ment Health. 2016 Aug;19(4):675-80. doi: 10.1007/s00737-016-0619-3. Epub 2016 Mar 10. PMID: 26961005.*