Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind eine Zeit intensiver emotionaler Veränderungen. Zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat zeigen viele Kinder Verhaltensweisen, die Eltern oft als „Trotzphase“ bezeichnen. In Wirklichkeit handelt es sich um eine ganz natürliche Entwicklungsphase, in der das Kind zum ersten Mal deutlich seine Eigenständigkeit entdeckt. Es erkennt, dass es eine eigene Person ist – mit eigenen Bedürfnissen und Meinungen, die nicht immer mit den Erwartungen der Eltern übereinstimmen. In dieser Zeit wird das Wort „Nein“ zu einem wichtigen Bestandteil des Alltagswortschatzes. Das Kind benutzt es, um Grenzen zu testen, aber auch, um eigene Wünsche auszudrücken. Entwicklungspsychologen betonen, dass dieser „Trotz“ kein Zeichen von schlechtem Benehmen ist, sondern ein gesunder Prozess der Identitätsbildung. In dieser Phase wird der Elternteil zu einer Art Begleiterin oder Begleiter, die oder der dem Kind hilft, seine Bedürfnisse auf konstruktive Weise mitzuteilen.
Frustrationen – wenn die Welt nicht so funktioniert, wie das Kind es sich wünscht Ein kleines Kind lebt in einer Welt voller Regeln und Grenzen. Es kann nicht immer das bekommen, was es möchte, und viele Dinge erfordern Geduld. Da seine Fähigkeit, Gedanken und Gefühle auszudrücken, noch nicht vollständig entwickelt ist, reagiert es auf Enttäuschungen oft mit Weinen, Schreien oder Stampfen. Etwa im Alter von zwei Jahren ist das kindliche Gehirn – insbesondere die Bereiche, die für Selbstkontrolle zuständig sind – noch unreif. Daher sind Frustrationen in dieser Zeit unvermeidlich. Die Aufgabe der Eltern besteht darin, dem Kind zu zeigen, wie man damit umgeht.
Hilfreich ist es, die Gefühle des Kindes zu benennen („Ich sehe, du bist wütend, weil wir das Spielzeug jetzt nicht kaufen können“) und alternative Wege anzubieten, um die Spannung abzubauen – zum Beispiel durch eine Umarmung, gemeinsames Zählen bis zehn oder Malen. Studien zeigen, dass Kinder, die Unterstützung bei der Emotionsregulation erfahren, sich später leichter in neuen Situationen, etwa im Kindergarten oder in der Gruppe von Gleichaltrigen, zurechtfinden.
Starke Gefühle – wie Eltern ihr Kind beim Umgang damit unterstützen können Zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr erweitert sich das Spektrum der kindlichen Emotionen deutlich. Neben Freude und Wut treten Gefühle wie Stolz, Eifersucht, Scham, Schuld oder Enttäuschung auf. Entscheidend ist, dass Eltern diese Gefühle nicht abtun oder kleinreden, sondern dem Kind vermitteln, dass jede Emotion natürlich und wichtig ist. Gleichzeitig sollte das Kind lernen, dass die Art und Weise, wie es ein Gefühl ausdrückt, eine Rolle spielt. Man darf wütend sein – aber man darf niemanden schlagen oder Spielzeug zerstören. Gemeinsames Lesen von Büchern über Gefühle, Rollenspiele oder Gespräche darüber, was das Kind in einer bestimmten Situation empfunden hat, fördern Empathie und soziale Kompetenz. Untersuchungen zeigen, dass Kinder, die Unterstützung beim Benennen und Verstehen ihrer Gefühle erhalten, später besser mit Stresssituationen umgehen und gesunde Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen können.
Die Rolle von Geduld und Konsequenz Die Entwicklung emotionaler Reife erfordert von Eltern viel Geduld, Empathie und Konsequenz. In Momenten starker Emotionen ist es wichtig, ruhig zu bleiben. Schreien oder das Bestrafen von Weinen kann beim Kind das Gefühl von Ablehnung oder Scham hervorrufen – und langfristig das offene Zeigen von Gefühlen erschweren. Stattdessen sollten Eltern zeigen, dass man Emotionen durch Gespräche, Nähe oder Atemübungen regulieren kann.
Ebenso wichtig ist es, klare Grenzen zu setzen. Das Kind sollte wissen, dass es zwar wütend sein darf, bestimmte Verhaltensweisen jedoch nicht akzeptabel sind. Dieses Gleichgewicht aus Nähe und Klarheit vermittelt Sicherheit, schafft Vertrauen und zeigt, dass jedes Gefühl seinen Platz hat – solange es respektvoll ausgedrückt wird. Bewusstes Begleiten des Kindes in diesem Prozess ist eine Investition in seine zukünftige psychische Gesundheit und seine sozialen Beziehungen.
*Quellen: American Academy of Pediatrics – Emotional Development in Early Childhood World Health Organization – Early Childhood Development Milestones*
